Kirmes UKB 1950

Autor(en): 
Hermann Claasen: "Kirmes UKB 1950", Köln, 1992

 

Für manche mag der Titel dieses Buches etwas kryptisch klingen. Nicht jeder kann sich unter UKB etwas vorstellen. Aber wer sich hierzulande etwas intensiver für Fotobücher interessiert, wird wahrscheinlich schon einmal etwas von der Kölner Straße „Unter Krahnenbäumen“ gehört haben. Und um die Abkürzung für ebendiesen Straßennamen handelt es sich. Ein Straßenname, der zugleich Titel eines der schönsten Bücher des Fotografen Chargesheimer ist, das 1958 im Kölner Greven Verlag erschien.

Weniger bekannt sind die Fotografien Hermann Claasens (1899 - 1987) aus der selben Zeit, die erst nach seinem Tod in einem Buch des Emons Verlags publiziert wurden. Der Herausgeber Walter Müller betont in seiner kurzen Einführung, dass die Bilder hier in der von Hermann Claasen wohl zur Publikation vorgesehenen Reihenfolge abgedruckt sind und nur geringfügige Änderungen am Layout erfolgten.

Der für die Herstellung des Buchs verantwortliche Eusebius Wirdeier steuert in seinem kurzen Text „Claasen und Chargesheimer in UKB“ nach aufwändiger Bildrecherche die Erkenntnis bei, dass die beiden Fotografen zur gleichen Zeit dort tätig waren und jeweils auf Bildern des anderen zu erkennen sind. Der Beweis wird in Form zweier Fotografien mitgeliefert. "Für mich sind beide Bücher in ihrer Ähnlichkeit und Unterschiedlichkeit sehr wichtig, weil der Blick in diese Straße der fünfziger Jahre plastischer wird - wie bei einer Stereophotographie."

 

Katholisches Köln

 

Wie sich das für das katholische Köln gehört, beginnt der Bildteil mit der Prozession. Claasen zeigt die kirchlichen Würdenträger samt Ministranten, dann aber auch die Musikgruppen und immer die an der Straße stehenden Zuschauer. Dass Kirche und Feiern schon länger ganz gut zusammengeht, mag für Betrachter aus dem eher pietistisch geprägten Tübingen vielleicht ein bisschen überraschend sein. Andererseits liegt das katholische Rottenburg, eine Hochburg der Fasnet, ja auch nur ein paar Kilometer entfernt von hier. Insofern erscheinen dann die Kölner Verhältnisse vielleicht doch nicht ganz so exotisch.

 

Leinen-Einband  (das Bild zu Beginn des Texts zeigt den Schuber)

 

Claasens Bilder zeigen auf den wimpel- und girlandengeschmückten Straßen immer wieder die Feiernden. Aber auch ein heute fast schon nostalgisch anmutendes Fahrgeschäft wie ein Kettenkarussell lässt sich da finden. Wobei die Fotografien, obwohl sie vor ungefähr 60 Jahren entstanden sind, in vieler Hinsicht erstaunlich frisch wirken und ihren Reiz nicht nur erinnerungsseligen Gefühlen oder der Sehnsucht nach einer „guten alten Zeit“ verdanken. Auch wenn Reinold Louis in seinem Vorwort zu dem etwas bitteren Schluss kommt: „An die Stelle des ausgestorbenen Echten setzen clevere Geschäftsleute heute vielfach Inszenierungen.“

 

Die Straße als Wohnzimmer

 

Zuvor schildert er, wie die Straße in früherer Zeit während der Kirmes zum Wohnzimmer wurde, und das lässt sich an Claasens Bildern schön nachvollziehen. Stühle vor dem Haus, damit auch Ältere am Geschehen teilnehmen können. Und dann natürlich auch Bänke und Tische, um generationenübergreifend,  feuchtfröhlich zu feiern. Ja, auch Alkohol scheint eine gewisse Rolle zu spielen. Hier in Form von gefüllten oder bereits geleerten Kölschgläsern sichtbar, die selbst die Tanzenden nicht unbedingt aus der Hand lassen.

Eine fast filmische Tanzsequenz bildet den Höhepunkt der Bildfolge. Und da fällt mir unweigerlich ein weiteres Fotobuch ein: das dem französischen Nationalfeiertag gewidmete „Quatorze Juillet“ von Johan van der Keuken. Ebenfalls erst nach dem Tod des Fotografen bei Van Zoetendaal im Jahr 2010 erschienen (vgl. hier: http://www.vanzoetendaal.com/quatorze-juillet ).

Zum Abschluss hält das sehr schön gestaltete und in einem Schuber geschützte Buch mit den Bildern Hermann Claasens noch einen Kontrapunkt in Form einer letzten Fotografie bereit. Da kehren wir aus dem Reigen der Tanzenden zurück zur Prozession und beobachten die mit gefalteten Händen mitlaufenden Frauen und Mädchen. Über ihnen flattern die Wimpel und auf dem Boden sammelt sich das Konfetti im Rinnstein.

 

 

 


 

 

Fakten:

 

Hermann Claasen: „Kirmes UKB 1950“, Köln, 1992

Hermann-Josef Emons Verlag

ISBN: 3-924491-35-6

68 Seiten, Tafelteil mit 34 S/W Abbildungen (+ 2 Abbildungen im Text von Eusebius Wirdeier), 24 cm x 18,5 cm

Auflage von 1200 Exemplaren, davon die für den Handel bestimmten Exemplare handnummeriert von 1 - 1000

 

 

Eintrag zu Hermann Claasen beim im Aufbau befindlichen fotografenwiki.org unter folgendem Link:

http://www.fotografenwiki.org/index.php5?title=Hermann_Claasen