Zellstofffabrik Waldhof 1884 - 1909

Autor(en): 
Zellstofffabrik Waldhof 1884 - 1909

 

Fotografisch illustrierte Bücher zu Jubiläen von Firmen sind gar nicht so selten und lohnen oft einen genaueren Blick. Ein relativ frühes Beispiel für ein solches Buch möchte ich heute kurz vorstellen. Es handelt sich um einen großformatigen und repräsentativ ausgestatteten Band zum 25-jährigen Jubiläum der Zellstofffabrik Waldhof, der im Jahr 1909 erschien.

 

Der einleitende Text unter dem Titel "Historisches" wurde von Theodor Goebel verfasst. Nach einer kurzen Einführung in die Geschichte der Papierherstellung widmet er sich auf den sieben Seiten seines Texts der Gründung und Entwicklung der Zellstofffabrik Waldheim. Neben Zahlen zur stetigen Steigerung von Produktion und Kapitaleinsatz, macht Goebel auch Angaben zu sozialen Einrichtungen für die Arbeiter, welche ebenfalls von Zahlen untermauert werden. So glänzt die Firma mit der kostenlosen Ausgabe von 70.000 Halbliterportionen kalten Kaffees an ihre Beschäftigten im Jahr 1908. Gefolgt wird dieser kurze Textteil von einem zweiseitigen Abbildungsverzeichnis. Dieses ist dreisprachig in deutscher, englischer und französischer Sprache ausgeführt. Auch die Bildunterschriften im Abbildungsteil sind jeweils in allen drei Sprachen abgedruckt.

 

Bildteil mit zahlreichen Fotografien

 

Die zumeist ganzseitig mit gegenüberliegender weißer Seite gedruckten Abbildungen sind im Wesentlichen in drei Teile gegliedert. Nach einer vorangestellten Übersicht über die Gründer und jetzigen Direktoren des Werks werden die Produktionsstätten bei Mannheim, Tilsit (heute: Sowetsk, Kaliningrad) und Pernau (heute: Pärnu, Estland) vorgestellt. Das Spektrum der Abbildungen reicht dabei jeweils von Einblicken in die Kontore und Büros, über die Darstellung des Maschinenparks und der Produktionsanlagen bis zu den die Werke umgebenden Holzlagerstätten. Aber auch Einrichtungen wie Dusch-Bäder für die Arbeiter oder deren Behausungen werden mit Stolz vorgeführt. Dabei fällt auf, dass die Arbeiter in den Maschinenhallen oder die Beschäftigten in den Kontoren vor allem der Staffage und der Verdeutlichung von Größenverhältnissen dienen. Individuelle Porträts sind den Direktoren der Fabrik vorbehalten. Einzeldarstellungen von Arbeitern an ihren Maschinen, wie später in den 1930er Jahren durchaus üblich, sind hier noch keine zu finden. Es handelt sich fast komplett um Übersichtsaufnahmen. Drei der Bilderseiten sind ausklappbar, um im Panorama Überblicke über größereTeile der Firmengelände zu erlauben. Dabei fällt auf, dass der ausklappbare Teil des Papiers durch einen Klebestreifen angefügt ist und nicht wie üblicherweise ein durchgehendes Stück Papier mit einem Falz versehen ist.

 

Neben den fotografischen Vorlagen wurden in wenigen Ausnahmefällen für den Bildteil auch zeichnerische Illustrationen verwendet, so zum Beispiel die Überblicke übers Firmengelände aus den Gründerjahren. Aber das ändert nichts an der überragenden Rolle, welche die Fotografien zur repräsentativen Darstellung der Firma in diesem Jubiläumsband spielen. Geschmückt werden die Abbildungen durch eine sie jeweils umgebende ornamentale Randillustration. Nur selten sind mehrere Fotografien auf einer Seite zusammen abgedruckt, aber auch dann durch solche Ornamente verziert.

 

Firma Dr. Trenkler & Co.

 

Gedruckt ist dieses Buch auf reinem Zellstoffkarton, selbstverständlich aus eigener Herstellung der Jubiläumsfirma. Die Fotografien des Bandes sind nicht mit Autorenangaben versehen. Da aber der Druck bei der Firma Dr. Trenkler & Co. in Leipzig erfolgte, liegt nahe, dass von dort wohl auch die fotografischen Vorlagen stammen. Dr. Trenkler & Co war eine vor allem durch die Herstellung und den Vertrieb von Postkarten bekannte Firma. Die im Jahr 1894 gegründete Firma warb aber auch mit der Herstellung von Prospekten, Katalogen, Kunstblättern, Heiligen- und Zigarettenbildern. Wahrscheinlich haben Fotografen der Firma auch die Bilder für diesen Band produziert. Jedenfalls ist im linken unteren Eck der meisten Abbildungen das Signet der Firma eingedruckt. Ebenfalls im Jahr 1909 erschien ein Buch zum 500 jährigen Jubiläum der Universität Leipzig, bei dem die Firma Dr. Trenkler & Co. unter der Bezeichnung „Graphische Kunstanstalt“ als Herausgeber firmierte. Hierin enthalten sind insbesondere fotografische Aufnahmen vom Festumzug zum Jubiläum. Aber auch hier fehlen (durchaus zeittypisch) Angaben zu einzelnen Fotografen.

 

 

Beigefügt ist dem Buch zum Jubiläum der Zellstofffabrik Waldhof in einer Tasche auf der Innenseite des rückwärtigen Einbands ein großformatiger Übersichtsplan des Firmengeländes bei Mannheim. Dieser Plan ist aus vier durch Klebestreifen verbundene Kartonseiten zusammengesetzt und sorgfältig koloriert. Ein letzter Hinweis darauf, dass bei der Erstellung dieses Jubiläumsbandes wahrlich nicht gespart wurde. Einen kleinen visuellen Eindruck von diesem Buch können sie sich durch die im Anhang beigefügten Bilddateien verschaffen.

 

 


 

 

Fakten:

Theodor Goebel: „Zellstofffabrik Waldhof 1884 – 1909“, ohne gesonderte Angabe von Erscheinungsort und -jahr,

gedruckt von Dr. Trenkler & Co., Leipzig-Stötteritz

166 Seiten,  99 Abbildungen in schwarz-weiss, 31 cm x 39 cm

 

 


 

Comments

"Zellstofffabrik Waldhof" 1961

 

Ein besonders durch die Einbandgestaltung auffallendes Buch zur Zellstofffabrik Waldhof erschien 1961 im Rahmen der Reihe "Monographien aus Handel, Industrie und Technik in der Bundesrepublik Deutschland" bei Bruno Grimm, Baden-Baden.

 

 

Auch dieses Buch ist in seiner Mischung aus Farb- und S/W- Aufnahmen durchaus interessant bebildert. Die abgedruckten Fotografien stammen von Ottheinrich Hauck (Luftbilder der über Deutschland verteilten Werksanlagen) und Foto-Graeber, Marbach.

Besonders schön ist aber natürlich der Einband, bei dem die Fotografie des Gebäudes sogleich die Typografie für den Buchtitel mitliefert.