André Wagner: "Visions of Time"

André Wagner: "Visions of Time", Berlin 2013, Distanz Verlag

André Wagner (geb. 1980) war einige Jahre als Graffitikünstler tätig. Und bei vielen seiner Fotoarbeiten lässt sich immer noch eine verwandte Technik feststellen. Statt mit der Sprühdose malt er jetzt auf seinen meist nächtlichen Langzeitbelichtungen mit „Feuer“. So entstehen Spiralen oder Funkensprühspuren auf seinen Bildern, die es dem Betrachter ermöglichen, dem Vergehen der Zeit auf einem einzelnen „Still“ zuschauen zu können.

Spuren einer Performance

Vielleicht läge es ja nahe, die Fotografien nach einer „Grundbelichtung“ vor Ort anschließend mit einem Programm wie Photoshop am PC zu erstellen. Aber Wagner zieht es vor, mit analogem Material zu arbeiten. Und so läuft er dann wirklich während der manchmal stundenlangen Zeit der Belichtung der Aufnahmen durch den ausgewählten Bildausschnitt und zeichnet mit Licht. Eigentlich also schon fast eine Art von Performance, die da aufgeführt wird, und deren Spuren dann auf dem Fotomaterial wiederzufinden sind.

 

Torchlight, 2006    © André Wagner

 

Auf den fertigen Fotografien, deren in der VHS Photogalerie in Stuttgart ausgestellten Abzüge auch mal drei Meter Kantenlänge aufweisen, ergibt sich dann oft eine ganz eigentümliche Mischung von Kunstlicht und natürlichem Umgebungslicht, das manchmal auch vom Mondschein stammt. Auf einigen Bildern lassen sich die Lichtspuren von Sternen finden, die ihre Linien auf dem fotografischen Material hinterlassen haben.

Auch ein paar Innenaufnahmen sind bei den ausgestellten Bildern zu sehen. Da stammt das Licht dann zum Beispiel von einem Fernseher, Monitoren oder Leuchtstoffröhren, aber auch aus dem durchs Fenster einfallenden nächtlichen Straßenlicht. Insgesamt dominieren jedoch „Landschaften“, die aber auch ein Industrieareal oder städtische Szenerien zeigen können. Und statt selber mit Licht zu malen, nutzt Wagner auch mal die farbigen Effekte einer Lichtanlage bei einer Technoveranstaltung im Freien.

André Wagner

 

Vielleicht ist es aber gar nicht so wichtig zu wissen, wie die Bilder entstehen. Die Stuttgart Galeristin und Kuratorin Amrei Heyne legte in ihren sehr persönlichen Einführungsworten am Eröffnungsabend noch ein paar ganz andere Spuren, die einem den Zugang zu den Bildern ermöglichen können. Zusammen mit der Musik von Andi Maile und der Möglichkeit zum Gespräch mit dem Fotografen war das mal wieder ein gutes Argument dafür, solche besonderen Termine mit zusätzlichem Angebot wahrzunehmen.

Katalog

Im Distanz Verlag in Berlin ist unter dem Titel „Visions of Time“ ein Katalog zu den Arbeiten Wagners erschienen, der sowohl die Ausstellung „Personal Structures“ (noch bis zum 24. November) im Palazzo Bembo in Venedig, als auch die Tour von „Visions of Time“ begleitet. Im Buch lassen sich neben dem Überblick über die Arbeiten Wagners auch einige weitere Hintergrundinformation finden. Wibke von Bonin, Mindaugas Kavaliauskas und Thomas Bauer-Friedrich gehen in ihren kurzen Essays auf ganz unterschiedliche Aspekte der Bilder ein. Shri Sarvabhavana schließlich kommt zum Schluss, dass „Schönheit in Zeit“ André Wagners „Motiv“ sei. Wer ohne Ausstellungsbesuch oder einen Blick in den Katalog in die Bildwelten André Wagners eintauchen möchte, findet auf der Website des Fotografen Gelegenheit, verschiedene seiner Bilderserien zu betrachten.

 


 

Fakten:

 

Ausstellung „Visions of Time“ von André Wagner in der VHS Photogalerie in Stuttgart vom 27.09.2013 bis zum 17.11.2013

 

Katalog:

 

André Wagner: „Visions of Time“, Berlin 2013

Distanz Verlag

ISBN: 978-3-95476-015-2

176 Seiten, 121 farbige Abbildungen (+11 kleinformatige Abb. im Text), 23 cm x 21 cm, fotoillustriertes Hardcover