"Only in England"

Only in England, Photographs by Martin Parr and Tony Ray-Jones, Plakate

Martin Parr

Eigentlich kannte ich von Martin Parr (geb. 1952) bisher nur diejenigen Fotografien, bei denen die Farbe von essentieller Wichtigkeit ist. Jetzt ist aber bei Aperture ein Buch erschienen, das zeigt, dass auch dieser Fotograf mit schwarz-weißen Aufnahmen begonnen hat. Unter dem Titel „The Non-Conformists“ zeigt dieses Buch Arbeiten aus der Mitte der 1970er Jahre. Der Titel bezieht sich dabei auf Mitglieder ländlicher Kirchengemeinden, die sich von der Staatskirche Englands distanzierten. Und vielleicht wirft das ja bereits ein Schlaglicht auf die liebevoll geschilderte Exzentrik, welche in manchen der Bilder eine Rolle spielt. Der Text zum Buch stammt im übrigen von Susie Parr, der Ehefrau des Fotografen.

 

Tom Greenwood cleaning 1976 by Martin Parr © Martin Parr/ Magnum

Tony Ray-Jones

Die Ausstellung „Only in England“, welche die erste Schau im neuen Media Space des Science Museums in London ist, zeigt diese Bilder Parrs im mittleren Block. Wenn man die Räume betritt begegnet man aber zunächst originalen Abzügen des britischen Fotografen Tony Ray-Jones (1941-1972), als Fotobuchautor bekannt durch das erst posthum erschienene „a day off“ von 1974. Die Ausstellung zeigt neben den Fotografien auch zahlreiche Briefe, Postkarten und Notizen des Fotografen, die in Tischvitrinen untergebracht sind. Besonders schön die Arbeitsanweisungen an sich selbst, die einiges über seine Herangehensweise verraten, u.a. die Aufforderung „boring pictures“ zu vermeiden. Es finden sich in den Vitrinen aber auch Abzüge für eine Ausstellung des Fotografen, die Martin Parr aus seiner Sammlung zur Verfügung gestellt hat. Das Material für die Schau stammt im Wesentlichen aus den Beständen des National Media Museums in Bradford. Dort ist auch das Archiv mit den Kontaktabzügen untergebracht, das Parr einer umfassenden Sichtung unterwarf. Eine Auswahl der Bilder, die ihm dabei besonders aufgefallen sind, findet sich im dritten Teil der Ausstellung. Mit modernen Prints, in größerem Format gefertigt als die Vintages von Ray-Jones, geben diese Bilder jetzt einen erweiterten Einblick in den Bildkosmos des so früh verstorbenen Fotografen.

 

Beachy Head Tripper Boat, 1967 by Tony Ray-Jones © National Media Museum

 

Ein Display am Ende des Ausstellungsraums mit Kontaktabzügen vieler Filme Ray-Jones gibt dem Besucher der Ausstellung einen recht schönen Einblick in dessen Arbeitsweise und das für ihn typische, variantenreiche Umkreisen eines Motivs. Beleuchtet ist das Display so, dass sich die Kontaktabzüge fast wie auf einem Leuchttisch ausgebreitet darbieten. Überhaupt hat mich die Ausstellungsarchitekur überzeugt, die auf Effekthascherei verzichtet, aber einen konzentrierten Blick auf die Bilder und Objekte ermöglicht, verbunden mit dem für mich ziemlich genau richtigen Maß an durch Texte vermittelten Zusatzinformationen.

"a day off"

Ein kurzer Film, der Aufnahmen von heutigem Strandleben in Großbritannien mit Bildern von Ray-Jones und dem lebendigen Kommentar von Martin Parr kombiniert, zeigt Berührungspunkte zwischen den Arbeiten der beiden Fotografen. Und schon die Art, wie Parr seine erste Kopie von „a day off“ präsentiert, legt nahe, dass dieses Buch nicht ohne Einfluss auf seine eigene Arbeit geblieben ist. Es ist zu dieser Ausstellung kein Katalog erschienen. Aber der Besucher erhält ein zwanzigseitiges Booklet, das neben Hinweisen auf Sonderveranstaltungen im Rahmen der Ausstellung auch einen Text Parrs unter dem Titel "Tony Ray-Jones and me" enthält. Parr schreibt dort: "But perhaps the most influential moment of all was seeing the work of British photographer Tony Ray-Jones, shown to an eager group of first-years by Bill Jay in 1971, when i was a photography student at Manchester Polytechnic."

Neue Publikationen

Neben der eingangs erwähnten Publikation zu den frühen Schwarz-Weiß-Bildern Parrs von Aperture gibt es auch eine Neuerscheinung zu den Arbeiten Tony Ray-Jones. In seinem Fall eine, die ihn von der bisher unbekannten Seite als Farbfotografen zeigt. Dieses Buch ist bei Mack in London erschienen, einem Verlag, der in letzter Zeit durch ein sehr sehenswertes Programm an Büchern auffällt und der unter dem Namen MAPP auch auf dem so oft als Zukunft beschworenen Gebiet der E-Books recht aktiv ist. Da werden vor längerer Zeit erschienene Fotobücher einem breiteren Publikum wieder zugänglich gemacht. Aber auch die Neuerscheinungen des Verlags stehen dort teilweise als Dateien zum Herunterladen für die diversen Plattformen bereit. Auch das Buch zu den Farbfotografien Ray-Jones, welche dieser Mitte der 1960er Jahre in den USA erstellte. Tony Ray-Jones sprach selber von diesen Fotografien als "isolated sketches", die nach Ansicht von Liz Jobei, welche den Einleitungsessay zum Buch beisteuert, trotzdem Ihre Bedeutung für seine späteren Arbeiten in schwarz-weiß haben und einige der späteren Gestaltungsmerkmale in Teilen vorwegnehmen.

 
Cover "American Colour 1962-1965"  © Mack Books
 
 
 

 

Fakten:
 
Ausstellung „Only in England“ im Media Space des Science Museums in London vom 21.09.2013 bis zum 16.03.2014
 
 
 
 
Bücher:
 
Martin Parr: „The Non-Conformists“, New York 2013
Aperture
ISBN: 978-1-59711-245-1 
168 Seiten, Duotone Abbildungen, 24 cm x 20 cm, Hardcover mit SU
 
Informationen zum Buch auf der Website von Aperture
 
The Non-Conformists, photographs by Martin Parr (Aperture, 2013) © Martin Parr / Magnum Photos
 
 
Tony Ray-Jones: „American Colour. 1962-1965“, London 2013
Mack
ISBN: 
80 Seiten, 45 Abbildungen in Farbe, 20 cm x 20 cm, Hardcover mit SU
 
Informationen zum Buch auf der Website von Mack