Emma

Autor(en): 
Gabriele Lorenzer: "Emma", Otto Maier Verlag Ravensburg, 1975

Wahrscheinlich sind viele Leser dieser Rubrik schon Bildern von Gabriele Lorenzer begegnet. Ihre Fotos wurden nämlich lange Jahre für Spiele wie Koffer packen oder Mengen-Domino, insbesondere aber das Junior memory® des Ravensburger Spieleverlags verwendet. Fotografien von Muscheln, Blüten, Käfern, Obst oder Gemüse vor einer jeweils einfarbigen Grundfläche, das waren die typischen Motive dieses Spiels, das in verschiedenen Versionen existiert. Und es gibt auch ein Kinderbuch der Fotografin, das so ähnliche Seiten wie diese Memory-Karten zeigt. Erschienen ist „Obst & Gemüse“ 1985 im Otto Maier Verlag Ravensburg. Auf dem rückwärtigen Einband dieses Buches heißt es: „Gabriele Lorenzer, die bereits mit ihrem „Junior-Memory“ gezeigt hat, daß alltägliche Dinge kleine Kostbarkeiten sein können, legt hier ein Buch vor, in dem jedes Bild eine Geschichte für sich ist.“

Kartonstarke Seiten

Hier soll es allerdings vorrangig um ein anderes Kinderbuch von Gabriele Lorenzer gehen, das ebenfalls im Otto Maier Verlag erschienen ist. Es handelt sich um „Emma“, ein Buch, das für kleine Kinder gedacht ist, wie die kartonstarken Seiten zeigen, die genauso stabil wie der Einband sind. Dazu einigermaßen widerstandsfähig gegen Feuchtigkeit, so sollte das robuste Buch auch das intensive „Begreifen“ kleiner Kinder einigermaßen unbeschadet überstehen. Der rote Leinenrücken passt schön zur ausgewählten Farbe für Titel und Text.

Es geht im Buch, dessen Text sich komplett auf dem hinteren Einband befindet, um Emma, ein zwei Jahre altes Kind, das in verschiedenen alltäglichen Situationen gezeigt wird. Emma spielt mit ihrer Puppe, verkleidet sich, weint und balanciert. Sie isst Spaghetti, läuft mit ihrem Topf umher und schließlich schläft sie erschöpft unter ihrer bunten Decke.

"Unbefangen und spontan"

Der Text auf dem rückwärtigen Umschlag beschreibt Emma folgendermaßen: „Sie ist 2 Jahre alt – wie Kinder, die anfangen, das Buch zu betrachten. Was sie tut, ist unbefangen und spontan – wie bei Kindern, die es miterleben und nachvollziehen. Sie ist voller Gefühle – wie Kinder, die sich in sie hineinversetzen.“

Gabriele Lorenzer hat analog zu den Karten des Memoryspiels auch für die in diesem Buch verwendeten Bilder den Hintergrund gewissermaßen standardisiert. So erleben wir Emma nicht in einer normalen häuslichen Umgebung. Stattdessen bildet den Hintergrund aller Aufnahmen eine etwas krumpelige, blaue Papierbahn. Das erhöht die Konzentration auf wenige Bildinhalte und bietet damit das Gegenstück zu den populären Wimmelbüchern für Kinder, die zur Entdeckung von Einzelheiten im Gewirr von unzähligen Details einladen.

Es gibt einige weitere Kinderbücher von Gabriele Lorenzer, die ebenfalls im Otto Maier Verlag erschienen sind. Manche von ihnen sind auch in französischen Ausgaben erhältlich. Eine Auswahl der Bände finden sie im Internet beim Eintrag der Fotografin auf FotografenWiki.org. Ein Buch wie "Das Tuch von Mama" von 1983 enthält dabei ein im Vergleich zu "Emma" stärker narratives Element, lässt eine sich durchs ganze Buch ziehende Geschichte erkennen.

Lorenzer, die ihre fotografische Ausbildung Anfang der 1960er Jahre an der Lette-Schule in Berlin absolvierte, war von 1985-1992 aber auch regelmäßig für die Zeitschrift Öko-Test tätig. Eine Auswahl ihrer dabei entstandenen Fotografien bietet das Buch „Menschen, Tiere, Phantasien...“, das 1999 im Verlag Umschau/Braus erschienen ist. Dort äußert sich die Fotografin in einem kurzen Text zu einem prägenden Erlebnis ihrer Kindheit bzw. Jugend, dem Besuch eines kleinen Wanderzirkus im Schwarzwald. Sie schreibt dazu: „Aber alle Vorführungen, so einfach sie auch waren, hatten eine poetische Ausstrahlung.“ Wahrscheinlich trifft das auch ganz gut die Maxime ihrer fotografischen Arbeit. Mit einfachen, aufs Wesentliche konzentrierten Bildfindungen eine Kombination von Klarheit und Poesie zu schaffen, so ähnlich könnte ihr Credo lauten.

 


 

Fakten:

Gabriele Lorenzer: „Emma“, Ravensburg, 1975
Otto Maier Verlag
ISBN: 3-473-30128-0
8 kartonstarke Seiten, 10 farbige Abbildungen (inkl. Einband vorne und hinten), 20,5 cm x 17,5 cm
fotoillustrierter Pappeinband mit Leinenrücken

 


 

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weitere Bücher

Inzwischen liegen mir zwei weitere Publikationen von Gabriele Lorenzer vor. "Etwas-nichts" nimmt in gewisser Weise das Prinzip der Bildpaare auf, das auch beim Memory-Spiel eine Rolle spielt. Allerdings wird beim Bildpaar nicht zweimal das genau gleiche Bild gezeigt, sondern die jeweils abgebildeten Gegenstände unterscheiden sich in wichtigen Details: erst sieht man die Kaffeekanne komplett, auf dem zweiten Bild in Scherben; erst kann man die zerknüllte Zeitung fast noch lesen, dann zeigt Lorenzer nur noch die verkohlten Reste; beim ersten Sonnenuntergang steht die Sonne noch als orange-glühender Ball über dem Horizont, dann bleibt nur noch ein Widerschein am Himmel und auf dem Wasser.

Die Mappe "Wüten, Weinen, Lachen. Sechs Menschen zeigen, was sie fühlen" zeigt sechs Personen in jeweils 8 verschiedenen Gemütszuständen, jeweils von "heller Freude" über "Wut" zu "Schmerz". Insgesamt befinden sich also 48 Karten in der Mappe, die außerdem eine Anleitungsbroschüre zur Anwendung und dem Spiel mit diesen Karten enthält. Erschienen ist diese Publikation ebenfalls beim Otto Maier Verlag in Ravensburg und zwar innerhalb des Kindergarten- und Vorschulprogramms "du-ich-wir".

Gabriele Lorenzer
Gabriele Lorenzer
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