Steidl

Christian Tröster, Dirk Reinartz : "Steidl", Göttingen 1995

In mehrfacher Weise handelt es sich beim hier präsentierten Werk um ein Buch über Bücher. Denn es ist im achtseitigen Anhang mit dem Gesamtverzeichnis (Stand Herbst 1995) zum einen ein kurzgefasster Katalog des damaligen Buchprogramms des Steidl-Verlags. Vor allem aber liegt hier ein Bericht übers „Büchermachen“ vor. Christian Tröster stellt in seinem Text viele Beschäftigte des Verlags einzeln vor, vergisst dabei auch die Mitarbeiter im Lizenzerwerb und der Buchhaltung nicht. Er spricht über die maschinelle Ausstattung der Druckerei und die rasante technische Entwicklung im Bereich der Bildreproduktion. Und ein bisschen berichtet er auch über die vorzeigbaren Ergebnisse all der geschilderten Prozesse von Planung, Gestaltung, Produktion, Verwaltung und Vertrieb, nämlich die schließlich vor dem Leser und Betrachter liegenden Bücher

Dirk Reinartz: Fotografie, Konzeption, Gestaltung

 

Dirk Reinartz steuert für dieses Buch zum einen die Fotos bei, welche die Mitarbeiter während vieler verschiedener Arbeitsschritte zeigen und auch sonst Einblick in den Arbeitsalltag bei Steidl geben. Das erledigt er in zurückhaltender Schwarzweiß-Fotografie. Gerade mal ein paar Fotografien unter Verwendung von dynamisierenden Unschärfen durch das Umgebungslicht bei Blitzlichtaufnahmen weichen von dieser einfachen und unspektakulären Linie ein wenig ab.

 

Reinartz ist aber auch verantwortlich für die Konzeption und Gestaltung des Buches. Texte und Bilder sind gleichberechtigt neben- und ineinander gesetzt. Beide arbeiten Hand in Hand zusammen. So ähnlich wie das der Untertitel des Buches schon andeutet: „Ein Bericht von Christian Tröster (Texte) und Dirk Reinartz (Fotos)“. Das ist durchaus passend für den Jubiläumsband eines Verlags, der neben den Kunst- und Fotobänden auch wichtige Buchausgaben im Bereich der Literatur produziert. So beginnt das Buch im ersten Kapitel „Verlag und Autor“ auch mit der Bezugnahme auf die Zusammenarbeit mit Günter Grass, vielleicht „dem“ Zugpferd des Verlags. Aber auch der traditionsreichen Zusammenarbeit mit Klaus Staeck sind zwei Seiten im Buch gewidmet.

Interview mit Gerhard Steidl

Ergänzt werden die Texte Trösters zum Ablauf der Buchproduktionsprozesse im Gebäudekomplex in der Düsteren Straße in Göttingen durch den Abdruck eines Gesprächs mit Verlagschef Gerhard Steidl. Auch hier geht es um Technik und Methoden. Aber zugleich wird der Blick immer wieder auf das Objekt Buch gelenkt, welches das Ziel aller Bemühungen ist. Da wird viel vom Stolz auf diese Arbeit spürbar. Und der von Tröster gleich zu Beginn angeführte, leicht ironisch angehauchte Titel „Jubel-Buch“ für das hier vorliegende Verlagsporträt kommt einer realistischen Beschreibung in Bezug auf die Texte dann doch ziemlich nahe, auch wenn das die eher spröden Fotografien von Dirk Reinartz nicht unbedingt gleich merken lassen. Sie passen aber gut zum Understatement des grauen Leinen-Umschlags mit dem erst auf den zweiten Blick erkennbaren Titel, der ohne farblichen Kontrast dort eingeprägt ist.

Weitere Publikationen zur Arbeit des Verlags

Es handelt sich nicht um das einzige Buch, welches sich dem Innenleben des Verlags widmet. Monte Packham zum Beispiel schildert in seinem Buch „Concentric Circles“ die Ereignisse im Verlag von August 2008 bis Januar 2009. Und auch der Katalog „Steidl. Quand la photo devient livre: De Robert Frank à Karl Lagerfeld“ zur Ausstellung in Paris im Jahr 2010 enthält viel Material über die bei Steidl produzierten Bücher und ihre Entstehung. Wer mag, kann sich hier auf den Internetseiten von „Le Journal de la Photographie“ ein Interview mit Gerhard Steidl über seine Arbeit anschauen, das nebenbei Einblicke in die Räumlichkeiten und den Aufbau der damaligen Ausstellung gibt.

 

Auf DVD verfügbar ist der Film „How to make a book with Steidl“. Dort zeigen Gereon Wetzel und Jörg Adolph, wie sich das Büchermachen in Göttingen so abspielt. Aber auch, dass Gerhard Steidl dafür nicht nur in Göttingen an den Druckmaschinen steht, sondern rund um die Welt jettet, um „seine“ Künstler zu treffen und neue Projekte zu besprechen.

 

Cover Steidl Katalog Frühjahr 2007

 

Wie für andere Verlage auch, sind natürlich die regelmäßig erscheinenden Kataloge eine Bühne zur Darstellung der Bücher. Die oftmals in Leinen gebundenen und durchaus umfangreichen (das dürfen auch mal mehr als 200 Seiten sein) Kataloge von Steidl werfen darüber hinaus aber immer wieder einen Blick hinter die Kulissen. Kurze Berichte, z.B. zur Zusammenarbeit mit einzelnen Künstlern, gehen dann doch weit über die Aufzählung von Titeln, Seitenzahlen und Formaten hinaus. Eine kleine Auswahl der Cover von in den letzten fünfzehn Jahren erschienen Katalogen finden Sie im Anhang.

 


 

Fakten:

 

Christian Tröster, Dirk Reinartz: „Steidl“, Göttingen, 1995

Steidl Verlag

52 Seiten, 67 S/W Abbildungen (+ zusätzliche Buchabbildungen im Katalogteil), 30 cm x 21,5 cm